Videointerview mit Professor Martin Röösli

Herr Prof. Martin Röösli ist Professor in Umwelt-Epidemiologie am Tropeninstituts in Basel und zudem Mitglied bei der ICNIRP. Er präsidiert auch die Beratende Expertengruppe NIS (BERENIS), die fürs Bundesamt für Umwelt arbeitet und sitzt weiter in der Arbeitsgruppe «Mobilfunk und Strahlung», welche vom Bund mandatiert wird. Wir durften den umtriebigen Mann interviewen.

Über WLAN und die Nachweisbarkeit von Elektrosensibilität

Wir wollten wissen, wieso Herr Röösli WLAN für vernachlässigbar einschätzt, denn Baubiologen erkennen WLAN seit Jahren als störenden Faktor für gute Nachtruhe.

«Wenn es nur einmal gelänge, Elektrosensibilität nachzuweisen, würde das das ganze Denkmodel in Frage stellen.» antwortete Prof. Martin Röösli, Epidemiologe und BAFU-Berater

Gemäss einer Umfrage im Jahre 2004 gaben 5% der Befragten Personen an, elektrosensibel zu sein. Laut einer weiteren Umfrage im Jahre 2009 waren es 8,6%. Eine nochmalige Steigung der betroffenen Personen bis 2019 ist anzunehmen. Rund 800'000 Personen dürften heute also in der Schweiz sensibel auf Elektrosmog reagieren. Trotzdem findet Prof. Röösli keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass es Elektrosensibilität gibt.

Interviewteil zu WLAN

Wie ist das möglich?

Sind die Studienvorlagen falsch gewählt? Wieso setzt man nicht biologische Effekte ins Zentrum? Dass die Elektrosensiblen sich ihre Sensibilität einbilden, ist eine bösartige Unterstellung. Es gibt genügend Praxisbeispiele von Personen, die von zu viel Elektrosmog krank wurden bevor sie das Wort Elektrosmog überhaupt kannten. In Schweden ist EHS (Electromagnetic Hypersensitivity bzw. Elektrosensibilität) als Behinderung anerkannt. Entgegen den Aussagen von Herrn Röösli gibt es offensichtlich also doch eine Messbarkeit.

Über Warnungen am Handy und Effekte

Wir stellten dem Präsidenten der Expertengruppe NIS (BERENIS) auch die Frage, ob es Sinn machen würde, die Bevölkerung vor dem Gebrauch von Mobilfunkgeräten besser zu warnen. Denn z.B. Apple gibt in der Betriebsanleitung an, das iPhone mit mindestens 5mm Abstand vom Körper zu tragen. Seine Antworten im folgenden Video.

Interviewteil zu WLAN

«Das negative an einer Warnung ist auch, dass es eine Besorgnis auslösen kann, die zusätzliche wahre krankmachende Effekte hat». sagte Prof. Martin Röösli, Epidemiologe und BAFU-Berater

Gemäss Prof. Röösli sind beim Handygebrauch keine Gesundheitseffekte zu befürchten, er befürwortet jedoch eine technische Optimierung der Technologien, damit weniger Funkemissionen entstehen. Also auch hier: Alles nur Einbildung? Wohl kaum. Ein Gericht in Italien hat entschieden, dass sich Mobiltelefonstrahlung schädlich aufs Gehirn auswirkt und dort schwerwiegende Schäden verursachen kann.

Der Umwelt-Epidemiologe Röösli befürchtet, dass ein Warnhinweis ein möglicher Treiber eines Nocebo-Effektes werden könnte. Echt jetzt? Die Handybenutzer sind nicht vor Gesundheitsrisiken zu warnen, aus Angst eines Nocebo-Effektes? Auf Grund der heutigen Studienlage finden wir diese Einschätzung als nicht verständlich. Die Endverbraucher müssen vor möglichen Risiken besser geschützt werden, das ist in der Medizin und bei Lebensmitteln auch so gehandhabt. Eine ähnliche Kennzeichnung wie beim Tabak scheint für Mobiltelefone gemäss heutiger Studienlage naheliegend.

Wir danken Herrn Prof. Röösli für dieses Interview. Auch wenn wir vielfach nicht gleicher Meinung sind, hatten wir ein äusserst angeregtes und interessantes Gespräch. Danke.

Das Interview mit Martin Röösli führte Martin Zahnd

Interview in voller Länge